Besuch bei Ulrike Berger

Posted: Juli 20th, 2021 | Author: | Filed under: General | Tags: , | Kommentare deaktiviert für Besuch bei Ulrike Berger

Am Vormittag des Sonntag, 18. Juli 2021, haben einige Aktivist*innen der Kampagne Wir bleiben Li(e)ber Anders Ulrike Berger, der in Mönkeberg wohnhaften Vermieterin des Stadtteilladens, einen Besuch abgestattet. Die Aktivist*innen setzten sie und die Nachbar*innenschaft über die noch bis zum 22. Juli laufende Petition für den Erhalt des gekündigten Ladens in Kenntnis. Stellvertretend für die mehr als 500 Menschen, die bisher unterzeichneten, wurde Ulrike Berger symbolisch ein Bild mit 500 Handabdrücken vor die Türschwelle gelegt. In Form von Protestschildern informierten die Aktivist*innen Ulrike Berger und ihre Nachbar*innen, was sie und ihre Unterstützer*innen von der Kündigung des Stadtteilladens halten. „Mehr als 500 Menschen fordern von Ulrike Berger die Rücknahme der Kündigung des Stattteilladens Lila“ war darauf zu lesen, sowie „70 Vereinsmitglieder verlieren ihren Raum Dank 1 Person – Mehr als 500 Menschen und über 90 Initiativen finden das Scheiße!“

Auch auf kreative Weise wurde deutlich gemacht, wie ihre nicht vorhandene Verhandlungsbereitschaft bewertet wird: „Sie Ulrike Berger sind, soweit wir wissen, kein Gemüse, denn sogar eine Artischocke hat ein Herz“. Mit dem Schild „Für eine fabelhafte Welt des Widerstands!“ machten die Mitstreiter*innen der Kampagne klar, auch weiterhin für den Erhalt des Li(e)ber Anders zu kämpfen.

Anhängend dokumentieren wir das Flugblatt, welches während der Aktion verteilt wurde:

Hallo liebe Nachbar*innen, liebe Bewohner*innen Mönkebergs,

Wir sind heute stellvertretend hier für mehr als 500 Menschen, die von der hier wohnhaften Ulrike Berger, die Rücknahme der Kündigung unseres Stadtteilladens Li(e)ber Anders in Gaarden fordern. Ulrike Berger hat 2011 das Gebäude in der Iltisstraße 34 gekauft und wurde somit neue Vermieterin des seit über 30 Jahren bestehenden Projekts Li(e)ber Anders. Sie hat uns vor knapp 3 Monaten völlig überraschend gekündigt und will uns Ende des Monats vor die Tür setzen. Dagegen kämpfen wir entschieden und haben viel Solidarität erfahren. Neben einer Online Petition, die mehr als 500 Menschen unterzeichnet haben, haben auch mehr als 90 Initiativen, Gruppen, Läden, Projekte und Akteur*innen aus dem politischen und kulturellen Bereich, uns mit einem offenen Brief an Vermieterin Ulrike Berger unterstützt, indem sie die Rücknahme der Kündigung fordern.

Das Li(e)ber Anders bietet vielen Bewohner*innen im Stadtteil Gaarden einen offenen und unkommerziellen Raum und damit eine Vielzahl an Möglichkeiten, sich unabhängig von staatlichen Strukturen und kapitalistischer Verwertungslogik basisdemokratisch zu organisieren. Hier finden Menschen zusammen, um gegen gesellschaftliche Missstände in Gaarden und über den Stadtteil hinaus zu kämpfen und für die Gestaltung solidarischer Lebensformen zu streiten. Hier findet eine kostenlose Sozial- und Mieter*innenberatung statt und es gibt politische Bildungs- und Kulturveranstaltungen. Hier wird bei staatlicher Repression geholfen und eine Küche für alle organsiert. Hier wird sich gegen Rassismus engagiert und gegen patriarchale Gewalt gekämpft. Hier treffen sich politische Gruppen, um Demonstrationen, Proteste und Aktionen vorzubereiten und hier entstehen Initiativen wie das Nachbarschaftsnetzwerk Gaarden solidarisch gegen Corona, um im pandemischen Ausnahmezustand gegenseitige Hilfe von und für Gaardener*innen zu organisieren. Hier werden entgegen der Vereinzelung kollektive Erfahrungen gemacht, die nicht auf Zwang basieren, sondern auf Freiwilligkeit. Hier können sich alle nach ihren Bedürfnissen und Möglichkeiten einbringen und entfalten.

Doch Ulrike Berger schert sich nicht darum. Mehr als zynisch meldet sie uns rück, dass sie keinen Gesprächsbedarf hat. Trotz mehrfacher Versuche mit ihr nochmal in Verhandlung zu treten, schlägt sie alle Angebote aus und besteht auf ihr Recht als Eigentümerin. Doch dieses Recht ist Unrecht. Es gibt wenigen Personen, die das Kapital dazu haben, die Macht, Menschen aus ihrem Zuhause zu vertreiben und sie auf die Straße zu setzen. Ihnen das zu nehmen, was ihnen laut Gesetz eben nicht gehört, die Räume, in denen sie leben und die sie am Leben halten. Eigentum ist Diebstahl und zwar Diebstahl an unserem Grundrecht nach Wohn- und Gestaltungsraum. Der Stadtteilladen gehört in die Hände derer, die ihn nutzen! Wir finden es mehr als perfide, dass ein Raum, der seit 30 Jahren von verschiedensten und unzähligen Menschen gestaltet und lebendig gehalten wird, der kollektiv organisiert wird, den Profitinteressen einer einzelnen Person weichen soll.Während wir versuchen uns halbwegs in einem pandemischen Ausnahmezustand zurecht zu finden, um eine Ausbreitung des Virus zu verhindern, werden unsere Räume zu Gunsten der Profitinteressen eines menschenverachtenden Immobilienmarktes geräumt oder sollen es noch, wohlwissend dass wir uns gerade jetzt schlecht in Massen organisieren können. Während eine weltweite Pandemie dafür sorgt, dass sich die gesellschaftlichen Missstände verschärfen, in denen Menschen zu widrigsten Bedingungen ausgebeutet werden, patriarchale Gewalt gegen Frauen, queere Personen und Kinder zunimmt, wir einen Rechtsruck in Europa erleben und es einen konservativen Backlash gibt. Während so einer Zeit einem linken Projekt zu kündigen, das ist halt auch eine Ansage. Das zeigt auch, wo Ulrike Berger politisch steht!

Wir setzen uns weiterhin für den Erhalt des Li(e)ber Anders ein und lassen uns nicht verdrängen. Wir wollen, dass Häuser denen gehören, die darin wohnen. Wir wollen das Wohnraum Allgemeingut wird. Denn alle haben das Recht menschenwürdig zu leben, ein Dach über den Kopf zu haben und Räume so zu gestalten, wie sie benötigt werden. Niemand sollte sich an Wohnraum bereichern dürfen.

Liebe Nachbar*innen, auch Sie können uns unterstützen und sich mit für die Rücknahme der Kündigung einsetzen, in dem Sie zum Beispiel unsere Online Petition unterzeichnen. Schließen sie sich uns an und setzen sie ein Zeichen, denn das Projekt ist ein wichtiger unverzichtbarer emanzipatorischer Raum für Gaarden und die Stadt Kiel.

Wir bleiben Li(e)ber Anders!


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